Dachlasten bei Fahrzeugen:
Eins vorn weg, ich möchte Euch keine Angst machen bezüglich der Dachlasten. Es geht mir nur um das Verständnis, welche Einflüsse Dachträger und Dachlasten auf das Fahrzeug haben. Wir sehen bei uns immer wieder Fahrzeuge mit selbst gebauten Dachträgern und wir mussten es auch schon ablehnen, ein Dachzelt auf einen selbst gebauten Dachträger zu montieren. Richtig gemacht, ist es eine hervorragende und günstigere Alternative zu den etablierten Herstellern wie Front Runner, horntools, Rhino Rack, Thule usw.. Hersteller testen ihre Produkte und haben Berechnungen für die dynamischen und statischen Kräfte, sie müssen schliesslich auch eine Produkthaftung übernehmen. Wenn es um Overlanding und Offroad-Abenteuer geht, ist auch die richtige Nutzung der Dachlast Deines Fahrzeugs entscheidend. Egal, ob Du ein Dachzelt, eine Dachbox oder Ausrüstung transportierst – die Dachlast ist ein wesentlicher Sicherheitsfaktor. Dabei wird zwischen dynamischer und statischer Dachlast unterschieden, und es ist wichtig, die Kräfte zu verstehen, die während der Fahrt auf die Dachlasten einwirken. Damit Du Dein Fahrzeug optimal belädst und Dich nicht wunderst, dass Deine Vorderachse bergauf in der Luft hängt oder keine Traktion mehr liefert.
Dynamische und statische Dachlast:
Die dynamische Dachlast bezeichnet das maximal zulässige Gewicht auf dem Dach während der Fahrt. Diese wird in der Regel vom Fahrzeughersteller vorgegeben und liegt bei den meisten Fahrzeugen zwischen 50 und 100 kg. Es gibt aber auch Fahrzeuge ohne Dachlast und Fahrzeuge mit bis zu 200 kg. Dabei ist wichtig zu beachten, dass auch der Dachträger oder die Dachplattform selbst zur Dachlast zählen. Wenn Dein Träger bereits 20 kg wiegt, bleiben bei einer zulässigen dynamischen Dachlast von 100 kg nur noch 80 kg für weitere Ausrüstung übrig.
Die statische Dachlast hingegen beschreibt das maximal zulässige Gewicht im Stand. Sie ist deutlich höher als die dynamische Dachlast, da die Kräfte, die im Stand wirken, geringer sind. Typische statische Dachlasten reichen von 200 bis 400 kg, was besonders wichtig ist, wenn Du ein Dachzelt nutzt und darin schläfst.
Wenn Du die zulässige Dachlast überschreitest, wird Dein Fahrzeug nicht gleich zusammenbrechen. Die maximale Dachlast hat aber einen Zusammenhang mit den Assistenzsystemen moderner Fahrzeuge. Viele dieser Systeme sind auf bestimmte Fahrzeugparameter und Dynamiken kalibriert. Es geht also nicht unbedingt auch um die Struktur des Daches, sondern auch um technische Aspekte. Das Dach selbst wird bei einer Überladung von wenigen kg nicht gleich kollabieren, die statische Dachlast ist um einiges höher und auch bei einem Überschlag, sollte das Dach halten, hier sind die Kräfte noch um einiges grösser.
Einflüsse auf die Dachlast während der Fahrt
Beim Transport von Ladung wirken vorwiegend diese drei physikalischen Faktoren, die Einfluss auf das Fahrverhalten, die Belastung und die Ladungssicherheit haben
- Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte: Diese wirken bei starkem Bremsen oder Beschleunigen. Eine ungesicherte Ladung kann hier schnell zum gefährlichen Geschoss werden. Beispiel: Bei einer Vollbremsung kann das Gewicht der Ladung durch die Verzögerungskräfte um ein Vielfaches steigen.
- Fliehkräfte: Bei Kurvenfahrten verschiebt sich das Gewicht seitlich. Bei einem Fahrzeug mit 100 kg Dachlast kann dies bei scharfen Kurven zu einer effektiven Belastung von bis zu 200 kg führen. Hohe Fliehkräfte wirken besonders in engen Kurven und bei höheren Geschwindigkeiten.
- Gewichtskraft und Ladungsschwerpunkt: Das Gewicht der Ladung beeinflusst die Stabilität des Fahrzeugs direkt. Ein hoher Schwerpunkt (z. B. durch ein Dachzelt) erhöht die Kippgefahr bei Geländefahrten oder plötzlichen Lenkbewegungen. Schwere Gegenstände sollten möglichst tief und nahe an der Fahrzeugmitte platziert werden.
Ladungsverteilung:
Gleichmässigkeit ist entscheidend! Eine gleichmässige Ladungsverteilung ist besonders wichtig, um das Fahrverhalten stabil zu halten. In vielen Overlanding-Fahrzeugen befinden sich zusätzlich schwergewichtige Komponenten am Heck, wie ein Reserverad. Dieses kann je nach Grösse und Felgentyp bis zu 25 kg wiegen und hängt oft an der Heckklappe oder an speziellen Trägersystemen. Viele setzen ihr Dachzelt jetzt ebenfalls möglichst weit nach hinten, irgendwann steht das Fahrzeug hochkant.
Zusatz- oder Zusatztanks: Diese befinden sich ebenfalls oft im hinteren Bereich des Fahrzeugs. Ein voller Zusatztank bringt je nach Volumen weitere 50 bis 100 kg Gewicht.
Innenausbauten: Schwere Schubladensysteme, Kühlboxen oder Ausrüstung, die im Heckbereich verstaut sind, verlagern das Gewicht weiter nach hinten.
Heckstossstangen mit Zubehör: Insbesondere Offroad-Stossstangen mit zusätzlichen Halterungen oder Werkzeugaufnahmen können erhebliches Zusatzgewicht verursachen.
Gefahren bei steilen Anstiegen: Kippwinkel und Fahrzeugbalance:
Beim Fahren an steilen Hängen verlagert sich noch mehr Gewicht auf die Hinterachse. Dies kann schnell zu einem Problem werden, wenn die Vorderachse entlastet wird oder sogar abhebt. Bei durchdrehenden Rädern am Hang fängt die Vorderachse oft an zu springen. Der Drehpunkt des Fahrzeugs liegt dann auf der Hinterachse, was insbesondere beim Bremsen während des Rückwärtsfahrens gefährlich werden kann. In einer solchen Situation besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug nach hinten kippt. Zudem verschlechtert sich der Kippwinkel des Fahrzeugs deutlich, was die Gefahr des Umkippens weiter erhöht, wenn der Vorderwagen anfängt, seitlich wegzurutschen. Um dies zu vermeiden, ist es ratsam, das Gewicht möglichst gleichmässig zu verteilen und bei steilen Anstiegen besonders vorsichtig zu manövrieren. Ich kann mich an eine Reise mit einem Freund erinnern, wo dieser nach dem ersten Anstieg das Bedürfnis hatte, alles, was möglich war, vom Dach zu nehmen. Sein 90er Landy hatte ihn wohl ganz schön ins Schwitzen gebracht. Generell sind Fahrzeuge mit einem kurzen Radstand (SWB) benachteiligter als Fahrzeuge mit einem langen Radstand (LWB).
Gefahren bei steilen Abstiegen: Kippwinkel und Fahrzeugbalance:
Besonders bei steilen Abfahrten kommt es häufig zu einer kritischen Situation, in der die Vorderachse zu wenig Adhäsionskräfte aufweist. Dies führt dazu, dass das Fahrzeug anfängt zu untersteuern – es schiebt über die Vorderachse und lässt sich nur schwer lenken.
Im Gelände, insbesondere bei nassen Abfahrten, besteht zusätzlich die Gefahr, dass das Heck ausbricht. Dadurch kann das Fahrzeug seitlich wegrutschen und schlimmstenfalls umkippen. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, eine gleichmässige Lastverteilung zu haben und bei Abfahrten kontrolliert und langsam zu bremsen oder besser, das Schleppmoment des Motors zu nutzen (!). Vermeide es, das beim Bremsen die Räder blockieren, wenn das passiert, ist meisten Sch... mit Schwung.
Ladungssicherung:
Die richtige Ladungssicherung ist entscheidend, um die erhöhten Kräfte bei der Fahrt abzufangen. Folgende Punkte solltest Du beachten:
- Geeignete Dachträger verwenden: Achte darauf, dass Deine Dachträger die notwendige Stabilität und Zulassung bieten. Nicht alle Hersteller haben eine Freigabe für Dachzelte.
- Ladung fest verzurren oder verschrauben: Spanngurte und Ratschengurte sorgen dafür, dass die Ladung bei abrupten Manövern nicht verrutscht. Am besten ist es jedoch, die Sachen auf dem Dach mit entsprechenden Montagekits zu befestigen.
- Schwerpunkt niedrig halten: Schwere Gegenstände möglichst nahe am Dachträger montieren, um das Fahrzeug stabiler zu halten. Regelmässige Kontrolle: Prüfe bei Zwischenstopps immer wieder, ob die Ladung noch fest sitzt.
Ungesicherte oder unzureichend gesicherte Gegenstände im Fahrzeuginnenraum oder auf dem Dach können bei plötzlichen Bremsmanövern oder Unfällen zu gefährlichen Geschossen werden, da sie aufgrund der Trägheit mit hoher Geschwindigkeit durch den Innenraum oder vom Dach geschleudert werden. Hier einige Beispiele, die die potenzielle Gefahr verdeutlichen:
- Laptop oder Autoatlas (1,5 kg): Bei einem Frontalaufprall mit 50 km/h kann ein solcher Gegenstand ein Aufprallgewicht von bis zu 82,5 Kilogramm erreichen
- Koffer (20 kg): Ein ungesicherter Koffer kann bei einem Unfall mit 50 km/h ein Aufprallgewicht von bis zu einer Tonne (!) entwickeln.
- Getränkekiste (10 kg): Bei einem Unfall mit 50 km/h kann eine ungesicherte Getränkekiste ein Aufprallgewicht von bis zu 400 Kilogramm erreichen.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass selbst vermeintlich leichte Gegenstände bei einem Unfall oder Ausweichmanöver erhebliche Kräfte entwickeln können. Daher ist es essenziell, alle Gegenstände im und auf dem Fahrzeug ordnungsgemäss zu sichern, um die Sicherheit aller Insassen zu gewährleisten. Man sieht auch deutlich, dass Dachträger und Dachplattformen mehr sind als ein paar verschraubte Profile. Sie müssen sehr viele Kräfte aufnehmen, die um ein Vielfaches höher sind als es teils verschraubte Profile können.
Fazit:
Wie eingangs erwähnt, dient dieser Blog nur, um sich der Dachlast und Dachträger bewusst zu sein. Sowohl die dynamische als auch die statische Dachlast muss bei Overlanding und Offroad-Abenteuern berücksichtigt werden. Eine vorausschauende Planung, die richtige Ladungssicherung und das Verständnis der einwirkenden Kräfte sorgen für mehr Sicherheit auf Deinen Reisen. Ob selbst gebaut oder vom Marktführer – die Stabilität des Dachträgers ist entscheidend. Behalte die zulässigen Werte stets im Blick und geniesse Dein Abenteuer sicher und sorgenfrei!