Ich liebe Overlanding-Abenteuer – die Freiheit, spontan neue Wege zu erkunden, Land und Mentalitäten kennenzulernen, und die unvorhersehbaren Strecken machen für mich den Reiz aus. Road-Books können dabei eine hilfreiche Orientierungshilfe sein, aber ich sehe sie eher als Inspiration und nicht als strikte Vorgabe. Ein Road-Book gibt eine feste Route vor, doch ich möchte die Freiheit haben, meinen eigenen Weg zu wählen. Oft entdecke ich unterwegs spannendere Alternativen, die in keinem Buch stehen.
Meine Route passe ich gerne spontan an – je nach Wetter, Gelände oder einfach meiner Laune. Offroad-Wege verändern sich ständig. Wetter, Bauarbeiten oder natürliche Hindernisse wie umgestürzte Bäume oder herabgestürzte Felsen machen viele Routen schnell unpassierbar. Ein Buch kann darauf nicht reagieren. Wer sich zu sehr darauf verlässt, könnte irgendwann vor einer gesperrten oder nicht mehr existierenden Strecke stehen. In solchen Momenten ist es hilfreich, flexibel zu sein und alternative Routen im Kopf zu haben und mit einer Offroad-Navigation zurechtzukommen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, nur weil man selbst oder ein Bekannter die Strecke letzte Woche noch befahren konnte, heisst es nicht, dass diese Strecke nächste Woche noch offen ist.
Immer mehr Strecken werden geschlossen, weil Fahrer unabsichtlich oder beabsichtigt Privatgrund befahren. Ja, auch mir passiert es hin und wieder. Nicht immer ist es ersichtlich und die Besitzer kennen ihre Grundstücksgrenzen auch ohne Mauern und Zäune. Übrigens, meine Lebensgefährtin sorgt immer wieder dafür, dass wir unsere eigentlichen Strecken immer wieder verlassen und spontan andere Destinationen anfahren, wo ich dann möglichst das Ziel abseits der befestigten Strassen erreichen möchte – Overlanding ist eben kein Skript oder Buch :)
Viele Road-Books zeigen Strecken, ohne klarzustellen, ob es sich um öffentlich zugängliche Wege oder privates Land handelt.
Sperrungen sollten unbedingt respektiert werden. Ein geschlossenes Tor oder Viehgatter sollte niemals geöffnet werden, denn nur weil ein Tor offen steht, bedeutet das auch nicht automatisch, dass die Strecke öffentlich zugänglich ist – vielleicht ist nur der Eigentümer auf seinem Gelände. Zudem gibt es Strecken, die ausschliesslich von Überlandmonteuren oder Technikern für Windkraftanlagen genutzt werden. Das Befahren solcher Wege kann zu rechtlichen Problemen führen. Ich selbst bin kein Freund des Teilens von Strecken.
Grundsätzlich kann jeder ein Road-Book schreiben, aber ich glaube, niemand nimmt sich die Zeit, wirklich zu prüfen, wem das Land gehört, auf dem er fährt, der Aufwand wäre unglaublich. Früher hat der Bauer oder Landbesitzer vielleicht noch gewinkt – diese Zeiten sind wohl vorbei. Ich kann mich an Zeiten erinnern, wo man mit zwei Dosen Bier und einem Lächeln noch eine weitere Route empfohlen bekommen hat. Immer mehr Grundstückseigentümer reagieren empfindlich, wenn Fremde unerlaubt über ihr Land fahren. Ich denke, das können wir alle eher gut nachvollziehen, oder? Ein Road-Book, das vor ein paar Jahren erstellt wurde, ist heute vielleicht nicht mehr aktuell. Wege verschwinden, Strecken wachsen zu, Wege ändern sich durch Erosion, Eigentümer wechseln, neue Sperrungen entstehen. Ich überprüfe daher immer, ob eine Route noch befahrbar ist, bevor ich mich darauf verlasse.
Schwierigkeitsgrade, wer bestimmt diese und auf welcher Grundlage?
Was für einen Anfänger eine Herausforderung ist, ist für einen erfahrenen Fahrer eine entspannte Tour. Eine Route mit Schwierigkeitsstufe 3 von 5 kann für Neulinge eine Tortur sein, während sie für andere eher einfach erscheint. Ich verlasse mich daher lieber auf meine eigene Einschätzung und mein Fahrgefühl. Wer klassifiziert solche Strecken? Es gibt die Denzel-Skala, aber eben, jeder empfindet es anders und sollte sich nicht selbst überschätzen. Beim Fahren abseits befestigter Wege gibt es andere fahrtechnische Herausforderungen als auf Asphalt, das kann plötzlich gefährlich werden. Die Denzel-Skala findest Du weiter unten.
Früher war es unvorstellbar, die Piste des Seigneurs öffentlich weiterzugeben – wer sie befahren wollte, musste sie selbst erkunden. Doch Vorsicht: Diese Strecke ist äusserst anspruchsvoll, besonders bei nasser Witterung, und kann deutliche Spuren am Fahrzeug hinterlassen. Zudem ist sie nicht unbedingt für Pick-ups oder Fahrzeuge mit hoher Dachlast geeignet, insbesondere ohne passendes Berge-Equipment. Offiziell ist die Piste nur zur Hälfte befahrbar. Der restliche Abschnitt verläuft über Privatgelände und könnte gesperrt werden. Wer an der falschen Stelle umkehren muss, steht vor einer echten Herausforderung – schliesslich werden solche Strecken selten an der einfachsten Stelle blockiert. Wie bei allen Offroad-Routen stellt sich auch hier die Frage: Fahre ich von oben nach unten oder von unten nach oben, von Süden nach Norden oder umgekehrt? Und was passiert, wenn an den schwierigsten Passagen plötzlich Gegenverkehr auftaucht? Übrigens, eine Randnotiz: Der Autor des Korsika Road-Books hat sein Buch mittlerweile wieder vom Markt genommen – offenbar gab es Ärger mit den Korsen.
Hier ein Beispiel für das Befahren von Strecken abseits befestigter Strassen in Italien.
Ein Thema, das schon viele Beiträge gefüllt hat. Zum Beispiel regelt ein Dekret in Italien vom 1. Dezember 2021 die Nutzung von unbefestigten Strassen und Wegen. Demnach zählen unbefestigte Forststrassen nicht zum öffentlichen Strassennetz und sind daher für den allgemeinen Verkehr gesperrt. Die Nutzung dieser Wege ist nur noch bestimmten Fahrzeugen gestattet, die für land- oder forstwirtschaftliche Arbeiten, Wartungs- und Instandhaltungsmassnahmen oder ähnliche Tätigkeiten erforderlich sind. Sogar Velos (!) dürfen diese Strecken nicht mehr befahren. Aber Sachte, die Verantwortung dieser Vorschriften liegt bei den einzelnen Regionen und Gemeinden. Dadurch kann es zu regionalen Unterschieden kommen. Wer in Italien Offroad fahren möchte, sollte sich daher vorab über die geltenden Regelungen in der jeweiligen Gegend informieren, um Verstösse und mögliche Strafen zu vermeiden. Hand aufs Herz, wer macht das? Um rechtliche Konsequenzen zu umgehen und die Natur sowie private Grundstücke zu respektieren, ist es essenziell, nur auf offiziell freigegebenen Strecken zu fahren und sich stets an die lokalen Vorschriften zu halten. Hier findest Du einen Artikel zu diesem Thema: https://www.moto.it/news/divieto-circolazione-fuoristrada-in-italia-follia.html (Nutze den Google-Übersetzer :) ) Wir dürfen also weiter unbefestigte Wege nutzen, aber die Regelung obliegt der Region, wo Du fahren möchtest. Wie sind die Vorschriften in all den anderen Ländern?
Schwierigkeitsgrade für Offroad- und Bergstrecken nach der Denzel-Skala
Ja, also, wer entscheidet über schwer oder leicht? Grundsätzlich Deine Erfahrung und das Popo-Meter, also Du alleine! Wenn der Po sagt, hör auf, sollte der Verstand mitmachen und nicht aussetzen. Es gibt aber eine allgemeine Bewertung nach Denzel. Die Denzel-Alpenstrassen-Skala ist eine Bewertung der fahrtechnischen Schwierigkeitsgrade von Pass- und Bergstrassen in den Alpen und könnte prinzipiell überall angewendet werden. Sie wird im grossen Alpenstrassenführer des Denzel-Verlags verwendet. Man kann, wenn sich auch die Road-Book-Autoren daran halten, als Empfehlung ansehen. Hier sind die fünf Grundgrade und die Beschreibung.
SG 1 – Sehr leicht
Eine einfach zu befahrende Bergstrecke, ideal für Anfänger. Die Fahrbahn ist mindestens 6 m breit, durchgehend asphaltiert oder betoniert und mit Randsicherung ausgestattet. Enge Kurven gibt es kaum, Kehren sind breit ausgebaut. Steigungen erreichen maximal 9 %. Diese Strecken sind für alle Fahrzeugtypen geeignet, darunter PKW, Motorräder und Fahrräder mit bergtauglicher Schaltung.
SG 2 – Leicht
Eine Strecke ohne nennenswerte Herausforderungen, auch für Fahrer mit wenig Bergerfahrung problemlos befahrbar. Die Fahrbahn ist überwiegend zweispurig und asphaltiert, mit durchgehender Randsicherung und einem verkehrsgerecht angepassten Verlauf. Steigungen betragen maximal 15 %. Alle PKW-, Motorrad- und bergtauglichen Velotypen können diese Strecke bewältigen.
SG 3 – Mittelschwer
Diese Strecke erfordert bereits Fahrpraxis und eine sichere Fahrtechnik auf Bergstrassen. Die Fahrbahn ist meist knapp zweispurig oder abschnittsweise einspurig mit Ausweichstellen. Die Asphaltdecke kann fehlen oder in schlechtem Zustand sein, und Randsicherungen sind nur teilweise vorhanden. Viele enge Kehren mit Steigungen über 15 % erschweren die Fahrt. Sportwagen und Rennräder sind hier ungeeignet, Fahrzeuge mit Anhänger oder LKWs über 3,5 t dürfen diese Strecken in der Regel nicht befahren. Tourenmotorräder und Trekkingräder sind mit Einschränkungen nutzbar.
SG 4 – Schwer
Eine anspruchsvolle Strecke, die selbst für erfahrene Overlander eine Herausforderung darstellt. Die Fahrbahn ist grösstenteils einspurig mit wenigen Ausweichstellen und wird kaum gewartet. Der Untergrund besteht aus grobem Schotter, ist stark ausgewaschen oder weist Seitenneigungen auf. Besonders bei Nässe kann es rutschig werden. Kehren sind extrem eng, sodass grössere Fahrzeuge manövrieren müssen. Steigungen können sehr steil sein, oft auf Höhen über 2000 m. Ein Geländewagen mit grobem Reifenprofil ist hier empfehlenswert. Enduros und Tourenmotorräder benötigen ausreichend Bodenfreiheit und geeignetes Reifenprofil, während Mountainbikes oder Trekkingräder nur mit entsprechender Bereifung und angepasster Schaltung geeignet sind.
SG 5 – Extrem
Eine sehr schwierige und gefährliche Strecke, die auf eigene Gefahr befahren wird. Hier gibt es kaum noch eine erkennbare Fahrbahn – stattdessen groben Schotter, blanken Fels, Sand, Schlamm und gefährliche Engstellen. Steinschlag, Vermurung und extreme Seitenneigungen sind möglich. Oft sind diese Strecken jahreszeitabhängig unpassierbar. Randsicherungen gibt es nicht, Kammstrecken sind ausgesetzt und die Streckenführung ist nicht immer erkennbar. Steigungen sind extrem, oft über 2000 m Höhe. Diese Strecken sind ausschliesslich für erfahrene Geländeprofis mit entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen gedacht. Nur allradbetriebene Geländewagen mit hoher Bodenfreiheit und spezieller Bereifung können sie bewältigen. Enduros und Crossmaschinen sind bedingt nutzbar, während Mountainbikes ebenfalls spezielles Equipment erfordern.
Der Kippwinkel, auf diesem Bild, beträgt knapp 30°, mit der Gefahr des seitlichen abrutschen. Das steht aber in keinem Buch und das Wenden ist an dieser Stelle unmöglich.
Ich verstehe, dass Road-Books für viele eine wertvolle Orientierung bieten. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir Offroader verantwortungsvoll mit unserer Umwelt umgehen und die Natur sowie private Grundstücke respektieren. Wer sich an Regeln hält und Rücksicht nimmt, trägt dazu bei, dass Strecken auch in Zukunft befahrbar bleiben. Ich nutze Road-Books ebenfalls und schaue auch auf Plattformen wie Wikiloc, um neue Ideen für Strecken zu bekommen. Es gibt viele spannende Routen, die ich mir gerne ansehe. Aber genau das ist der Punkt: Ich nutze sie als Inspiration, nicht als strikte Vorgabe. Und ja, ich musste schon einige Male die Strecke verlassen, weil es nicht weiterging – aber genau das macht doch den Spass aus! Neue Wege suchen, improvisieren und Hindernisse überwinden – das ist für mich Offroad-Fahren, dass ist Overlanding und gehört dazu.
Der Reisende sieht Dinge, die ihm unterwegs begegnen. Der Tourist sieht das, was er sich vorgenommen hat, zu sehen.
G.K. Chesterton